Hallux rigidus

Die Arthrose (Gelenkverschleiß) des Großzehengrundgelenkes wird in der Fachliteratur als Hallux rigidus bezeichnet und äußert sich klinisch in einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung (Hallux limitus) der Großzehe beim Abrollvorgang. Dabei handelt es sich um ein weitverbreitetes Krankheitsbild, das nach dem Hallux valgus den 2. Platz in der Häufigkeit einnimmt.

 

Diagnose/Ursache

Die Diagnose wird am Anfang durch die klinische Untersuchung gestellt. Wegweisend ist vor allem die typische eingeschränkte Beweglichkeit, vorwiegend in der Dorsalextension (Streckung) der Großzehe. Oft sind zudem am Großzehgrundgelenk Knochennasen (Osteophyten) zu tasten, die einen schmerzhaften Schuhkonflikt verursachen. Daraus können gelegentlich Entzündungszeichen in Form von Rötung, Schwellung und Erwärmung resultieren. Ursache für die Erkrankung ist der Abrieb des Knorpels im Rahmen einer Fehlstellung der Großzehe oder aus genetischen Gründen. Die Erkrankung wird häufiger bei Frauen beobachtet.

 

Grundsätzlich kann die Erkrankung in Stadien eingeteilt werden:

Im Anfangsstadium (Stadium I) äußert sich die Erkrankung lediglich in einer eingeschränkten Beweglichkeit der Großzehe im Großzehengrundgelenk bei Streckung (Dorsalextensionsfähigkeit).

Im Stadium II imponiert die zunehmende Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung mit ersten degenerativen Veränderungen im streckseitigen Anteil des Großzehengrundgelenkes. Den Patienten fällt in diesem Stadium eine tastbare Knochennase (Osteophyt) über dem Großzehengrundgelenk auf.

Das Spätstadium (Stadium III) ist durch das Vollbild der Arthrose (Bewegungseinschränkung, aufgebrauchter Knorpel mit Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten) charakterisiert. Die Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk ist deutlich eingeschränkt.

Im Endstadium (Stadium IV) ist das Gelenk verknöchert (Ankylose) und kaum mehr zu bewegen (wackelsteif).

 

Therapie

Konservativ

Die Therapie beginnt je nach Stadium mit konservativen, nicht operativen Maßnahmen. Sie sind vor allem in einem frühen Stadium angezeigt oder wenn der Patient einer operativen Versorgung ablehnend gegenübersteht. Auch bei einem erhöhten OP-Risiko wird die konservative Behandlung bevorzugt. Diese beinhalten medikamentöse, physikalische und orthopädietechnische Maßnahmen.

 

Im Akutstadium können die Beschwerden durch Einleitung entzündungshemmender Maßnahmen erfolgreich zurückgedrängt werden (Kälteanwendungen, Iontophorese, orale entzündungshemmende Schmerztherapie mit NSAR). Bei der physiotherapeutischen Behandlung steht v. a. die manuelle Mobilisierung im Vordergrund. Insbesondere die Traktion mit axialem Zug an der Zehe sowie das translatorische Gleiten im Großzehengrundgelenk führen zu einem positiven therapeutischen Effekt. Eine weitere Möglichkeit der konservativen Schmerztherapie besteht in der lokalen Infiltration (Injektion) des Gelenkes, meist aus einer Kombination aus Kortison und Lokalanästhetikum.

 

Die orthopädietechnischen Maßnahmen (Einlagenversorgung und Schuhzurichtung) haben zum Ziel, die Schmerzen beim Abrollvorgang zu lindern und den Abrollmechanismus biomechanisch zu unterstützen. Angewandt werden hierbei Einlagen mit Rigidusfeder sowie die Schuhzurichtung mit Ballenrolle.

 

Operativ

Bleibt die konservative Therapie erfolglos oder ist ein fortgeschrittenes Stadium erreicht, ist in der Regel eine operative Therapie notwendig. Dabei wird stadienabhängig ein gelenkerhaltendes oder gelenkversteifendes Verfahren gewählt.

Die gelenkerhaltenden Verfahren werden vor allem in einem frühen Stadium der Erkrankung angeboten. Daher wird empfohlen, die Veränderungen am Großzehengrundgelenk frühzeitig behandeln zu lassen, um knöcherne und mechanische Veränderungen gelenkerhaltend korrigieren zu können.

  • Gelenkerhaltende Verfahren

Bei den gelenkerhaltenden Verfahren werden befundabhängig knorpelchirurgische Maßnahmen, die Cheilektomie und das Verfahren nach Kessel und Bonney durchgeführt. Die knorpelchirurgischen Maßnahmen (Mikrofrakturierung/AMIC) werden nur bei umschriebenen Knorpeldefekten angewandt. Dabei sollen die Ausweitung des Knorpelschadens und der vollständige Verschleiß des Gelenkes vermieden werden. Bei diesem Operationsverfahren wird das Gelenk eröffnet. Zudem werden kleine Brüche/Löcher in den Knochen unter dem defekten Knorpel gesetzt, um eine Blutung zu provozieren. Dadurch werden Blutstammzellen in das Gelenk ausgeschwemmt, die an der Stelle der Mikrofrakturierung haften bleiben. Um die Knorpelregeneration zu fördern, wird zudem auf den Knorpeldefekt eine Kollagenmatrix (Chondro-Gide) aufgeklebt, die eine schützende Umgebung für die Zelldifferenzierung und Knorpelneubildung (AMIC-Verfahren) bietet. In den darauffolgenden 6‒8 Wochen differenzieren sich die Stammzellen zum Faserknorpel und bedecken den Knorpeldefekt. Die Nachbehandlung erfolgt mit einer Teilbelastung für 6 Wochen. Ziel ist es, die schmerzfreie Belastung der Großzehe zu ermöglichen.

 

In den Stadien 1 und 2 der Erkrankung sind vor allem Knochennasen (Osteophyten) über dem Großzehengrundgelenk zu finden. Diese Osteophyten können zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Großzehe führen. Durch das Abtragen (Cheilektomie) der Osteophyten können die freie Streckung der Großzehe im Grundgelenk ermöglicht und der schmerzhafte Schuhkonflikt vermieden werden. Bei zusätzlich umschriebenen Knorpeldefekten wird dieses Verfahren mit der Mikrofrakturierung/AMIC kombiniert. Die Nachbehandlung erfolgt nach abgeschlossener Wundheilung unter Vollbelastung. Um die wiedergewonnene Gelenkbeweglichkeit zu wahren, ist die physiotherapeutische Beübung durch Krankengymnasten elementar. Die erlernten Übungen müssen dann auch in Eigenregie durchgeführt werden.

 

Sollte die Cheilektomie zur Erlangung der Beweglichkeit unzureichend bleiben, wird das Operationsverfahren nach Kessel u. Bonney favorisiert. Die Indikation besteht vor allem bei schmerzhaft eingeschränkter Streckung der Großzehe. Bei der Operation werden das Großzehengrundgelenk eröffnet, der Knorpel beurteilt und umschriebene Knorpeldefekte mit der Mikrofrakturierung/AMIC behandelt. Des Weiteren werden Verkalkungen im Sinne einer Cheilektomie entfernt und Verklebungen im Bereich der Sesambeine gelöst. Anschließend erfolgt das Verfahren nach Kessel u. Bonny. Hierbei wird ein Knochenkeil aus der Großzehengrundgliedbasis entnommen und das Grundglied stabilisiert, indem eine Zugschraube eingebracht wird. Die Nachbehandlung erfolgt unter Vollbelastung im Verbandsschuh für 6 Wochen.

 

  • Arthrodese (Versteifung)

In den Stadien 3 und 4 der Erkrankung kann nicht mehr gelenkerhaltend vorgegangen werden. In diesem Stadium wird die Versteifung bzw. Arthrodese des Großzehengrundgelenkes favorisiert. Bei fortgeschrittener Arthrose gilt dieses Verfahren als Goldstandard und bietet eine dauerhafte Stabilität ohne jegliche Einschränkung. In seltenen Fällen werden Veränderungen des Gangbildes durch Einschränkung des Abrollvorgangs wahrgenommen, die durch eine entsprechende Schuhzurichtung (Ballenrolle) kompensiert werden können. Da das Abrollverhalten bereits vor der operativen Versorgung durch die Erkrankung stark beeinträchtigt ist, werden die Veränderungen kaum als störend empfunden. Im Gegenteil: Durch die erreichte schmerzfreie Gehfähigkeit wird eine hohe Zufriedenheit erreicht.

 

Beim operativen Verfahren werden das Großzehengrundgelenk eröffnet und der restliche Knorpel durch eine Spezialfräse (Coughlin-Fräse), mit der eine perfekte Ausrichtung der Arthrodese ermöglicht wird, entfernt. Auf diese Weise kann eine individuelle Positionierung der Knochen zueinander eingestellt werden. Dadurch können die Arthrodese im Großzehengrundgelenk der Ausrichtung der Kleinzehen angepasst und ggf. eine festgelegte Absatzhöhe eingestellt werden. Die Arthrodese wird stabilisiert, indem eine Zugschraube eingebracht und eine winkelstabile Platte angelegt wird. Die Nachbehandlung erfolgt 6 Wochen im Vorfußentlastungsschuh unter Vollbelastung.

 

  • Großzehengrundgelenksprothese

Dr. Esmer führen derzeit keine prothetische Versorgung am Großzehengrundgelenk durch, da die Ergebnisse dieses Verfahrens mit hohen Komplikationsraten und schlechten Resultaten verbunden sind.

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© Emrah Esmer