Pes equinus/ Der Spitzfuß

Die Spitzfuß-Fehlstellung tritt vor allem bei einer Nervenschädigung des Nervus peroneus auf, der die Muskulatur der Fuß- und Zehenhebung steuert. Dadurch ist das Heben des Fußes eingeschränkt. Die Patienten müssen folglich auf Zehenspitzen gehen. Aber auch andere neurologische Erkrankungen, die mit einer Dysbalance der Muskulatur am Fuß einhergehen, können bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen eine Spitzfuß-Fehlstellung verursachen.

 

Diagnose/Ursachen

Die häufigste Ursachen für eine Spitzfuß-Fehlstellung ist die Funktionsstörung des N. peroneus. Die Peroneuslähmung wird vor allem durch direkte Verletzungen, Kompressionsschäden, Raumforderungen und Schädigungen im Rahmen ärztlicher Maßnahmen (iatrogen) verursacht. Jedoch können auch langfristig bestehende neurogene Erkrankungen (z. B HSMN) eine Spitzfuß-Fehlstellung begünstigen. In der klinischen Untersuchung ist das aktive Anheben des Fußes gestört, und die Ferse erreicht keinen Bodenkontakt. Die Patienten gehen somit auf der betroffenen Seite im Zehenspitzengang. Es gelingt nicht, beim Gehen den ganzen Fuß auf den Boden aufzustellen und abzurollen. Daraus resultiert eine relative Beinlängenverlängerung mit Verkürzung der Achillessehne, was zu einer erheblichen Funktionsstörung des gesamten Beines führt. Der Fuß wird willentlich hochgeschleudert (Steppergang), flächig und außenrotiert aufgesetzt, woraus sich eine Veränderung des Gangbildes mit Fehlbelastung auf Höhe der Knie- und Hüftgelenke ergibt.

 

Zur Diagnostik gehört neben der klinischen Untersuchung auch eine Röntgenuntersuchung des Fußes und des Sprunggelenkes im Stand. Auf den Röntgenaufnahmen können dann das Ausmaß der Fehlstellung gemessen und der Grad der Fehlstellung beurteilt werden. Bei Unklarheiten wird eine weitere Diagnostik mittels MRT vorgenommen. Bei Fragen nach beginnender Arthrose wird ein CT durchgeführt. Sind die neurologischen Ursachen fraglich, wird zudem eine fachneurologische Untersuchung veranlasst.

 

Therapie

Um das bestmögliche Therapieverfahren zu bestimmt, muss bei der klinischen Untersuchung geklärt werden, ob sich der Fuß im oberen Sprunggelenk in Neutralstellung bringen lässt und die Funktion des M. tibialis posterior ungestört wahrgenommen werden kann. Hierzu wird der Fuß vom Untersucher im oberen Sprunggelenk passiv bewegt, um den Grad der Fußhebung zu bestimmen. Zur Abklärung der Funktion des M. tibialis posterior wird eine fachneurologische Untersuchung mit einer Elektromyografie(EMG)-Untersuchung initiiert.

 

Konservativ

Die konservative Therapie der Spitzfuß-Fehlstellung kann bei ausreichender Fußhebung bis zur Neutralstellung, durch das Tragen einer Peroneusschiene erfolgen. Dabei wird der Fuß im oberen Sprunggelenk von der Schiene in Neutralstellung gehalten. Die Orthese ist aus Kunststoff gefertigt und geht von der Fußsohle über das Sprunggelenk bis zur Wade. Die Schiene wird am Unterschenkel mit Klettverschlüssen gehalten und kann im Schuh und unter der Hose getragen werden. Als Nachteil wird von viele Patienten der mangelnde Tragekomfort empfunden.

Bei neurogenem und fortgeschrittenem Spitzfuß liegt häufig eine Spitzfußkontraktur im oberen Sprunggelenk vor, sodass im oberen Sprunggelenk keine Neutralstellung des Fußes erreicht werden kann. In diesen Fällen ist die Schiene nicht Erfolg versprechend und muss durch durch orthopädische Maßschuhe ersetzt werden

Um jedoch ein orthesenfreies Gehen zu ermöglichen und den kontrakten Spitzfuß zu korrigieren, muss ein operatives Vorgehen favorisiert werden.

 

Operativ

Das Ziel der operativen Behandlung besteht darin, die Neutralstellung des Fußes im oberen Sprunggelenk wiederherzustellen und zu erhalten. Therapeutisch stehen verschiedene operative Optionen zur Verfügung. Abhängig von der Schwere der Fehlstellung werden statische (knöcherne) und dynamische (weichteilige) Operationsschritte angewandt. Das Verfahren zur Korrektur der Fehlstellung ist jedoch sehr individuell festzulegen. Daher können wir hier nur auf die häufigsten Verfahren eingehen.

  • Transfer der Tibialis-posterior-Sehne mit Verlängerung der Achillessehne und Release der dorsalen Sprunggelenkskapsel

Um bei einer neurogenen Spitzfuß-Fehlstellung die Neutralstellung im oberen Sprunggelenk wiederherzustellen, kann die Sehne des M. tibialis posterior von der Fußinnenseite auf den Fußrücken verlagert werden. Dadurch übernimmt der Muskel die Funktion der Fußhebung und bringt den Fuß im oberen Sprunggelenk in Neutralstellung. Um ein erfolgreiches Ergebnis zu erzielen, muss jedoch eine ungestörte Funktion des M. tibialis posterior vorliegen. Daher ist es vor einem operativen Eingriff unverzichtbar, den Fuß und die entsprechende Muskulatur am Fuß und Unterschenkel klinisch und fachneurologisch zu untersuchen. Unabdingbare Voraussetzung für einen Transfer der Tibialis-posterior-Sehne ist zudem die offene oder arthroskopische Mobilisation des oberen Sprunggelenkes (posteriore Arthrolyse) in Kombination mit einer Verlängerung der Achillessehne als z-förmige Verlängerung oder bei isolierter Verkürzung des Gastrocnemius als Bauman-Release.  

  • Arthrodese des oberen Sprunggelenks

Bei ausgeprägter Spitzfußstellung mit massiver Achillessehnenverkürzung ist nur noch eine Versteifung des Sprunggelenks Erfolg versprechend, um die Neutralstellung des Fußes im oberen Sprunggelenk zu erreichen. In Extremfällen ist die Resektion des Sprungbeins (Astragalektomie) erforderlich, um überhaupt ein plantigrades Aufsetzen des Fußes zu ermöglichen.

 

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung erfolgt je nach angewandtem Verfahren in einer Unterschenkelorthese (VACOped) für 6‒8 Wochen unter Vollbelastung oder Entlastung. Anschließend werden physiotherapeutisch die Gangschule sowie der sensomotorische Wiederaufbau gefördert, um die funktionelle Gelenkkontrolle wiederherzustellen.

 

Ob dieses Verfahren bei Ihnen Erfolg verspricht und welcher operative Aufwand erforderlich sein wird, kann nur bei einer persönlichen Vorstellung beurteilt werden. Gerne beratet Sie Dr. Esmer nach eingehender körperlicher Untersuchung über das in Ihrem speziellen Fall angeratene individuelle Vorgehen.

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© Emrah Esmer